Der Friedenshof – ein Ort interspirituellen Zusammenlebens

12. März 2022

Hier folgt eine Selbstvorstellung des Friedenshofes, in der Nähe von Hannover. Karsten und Bärbel, das Ehepaar, das den Friedenhof ins Leben gerufen hat, ist seit Beginn von WCRP Deutschland aktiver Teil der Ortsgruppe Hannover, die auch einige Sitzungen dort durchgeführt hat. Karsten war auch bis vor zwei Jahren Kassenprüferbei RfP Hannover.

Der Friedenshof – ein Ort interspirituellen Zusammenlebens

Text und Foto: Friedenshof

Seit 1991 gibt es am nördlichen Rand der Region Hannover eine interspirituelle Gemeinschaft, den Friedenshof. Hier leben etwa 10 Menschen in einem alten Bauerngehöft zusammen. Sie beschäftigen sich mit dem Anbau von Gemüse, betreuen eine kleine Milchschaf-Herde, nehmen Gäste auf und bieten Kurse zu verschiedenen Themen an, einige gehen Teilzeitarbeiten außerhalb des Hofes nach.
Wir Gründer des Friedenshofes kamen aus der Friedensbewegung und waren von Gandhi inspiriert. Wir erlebten Anfang der 90er, dass nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes der Weltfrieden vor allem durch Konflikte gefährdet wurde, in denen unterschiedliche Religionen und Kulturen eine zentrale Rolle spielten. Wir wollten darauf mit dem Versuch antworten, als Menschen mit unterschiedlichem Glauben und spirituellen Übungswegen in einer verbindlichen Gemeinschaft zusammenzuleben. Nach mehr als 30 Jahren können wir sagen, dass das tatsächlich möglich ist, wenn gutwillige Menschen zusammenkommen, die sich den unvermeidlichen Schwierigkeiten und Herausforderungen stellen und auf persönliches Wachstum einlassen. Auch wenn unsere Gemeinschaft kein Modell für die Lösung der globalen interkulturellen Konflikte liefern kann, so kann sie vielleicht doch eine Ermutigung für interspirituelle und interkulturelle Verständigung sein.

Heute leben auf dem Friedenshof Christ:innen, Buddhist:innen und Agnostiker:innen zusammen mit Menschen, die sich an indischen Lehrer:innen orientieren oder ein einfaches Leben in enger Beziehung zur Natur suchen. Wir beginnen um 8 Uhr den Tag mit einem Begrüßungsritual, in dem wir gemeinsam singen, tanzen und einen wöchentlich wechselnden Text aus verschiedenen Denk- und Glaubensrichtungen hören. Wir schließen das Ritual ab, indem wir uns voreinander stellen, in die Augen schauen und stumm verneigen. Danach geht es an die verschiedenen Arbeiten, die nach dem gemeinsamen Mittagessen um 13 Uhr und der anschließenden Pause fortgesetzt werden. Um 19 Uhr endet der gemeinsame Tag mit dem „Gebet um das Feuer“. Während ein kleines Feuer in der Mitte des Kreises brennt wird der Gebetstext gesprochen, in dem es um das Feuer als Symbol des stetigen Wandels und die Einzigartigkeit jeden Augenblicks geht. Unterbrochen wird der Tag durch längere oder kürzere Zeiten der Stille. Um 7.30 und 12.30 treffen sich einige von uns zu einer 20minütigen Stille im Meditationsraum. Mehrmals am Tag wird die Glocke geläutet, um die Arbeit für einen Augenblick der Besinnung zu unterbrechen.
Wichtig für den Zusammenhalt der Gemeinschaft sind die Feste ebenso wie Retreats, Supervisionen und Einzelgespräche. Auch die „solidarische Ökonomie“ hält uns zusammen. Unsere verschiedenen Einnahmen landen in einer Kasse, aus der Miete, Energie, Zukauf an Nahrungsmitteln usw. sowie ein Taschengeld für jedes Mitglied gezahlt wird.

In unserem Meditationsraum gibt es keine religiösen Symbole. Die Mitte bildet ein aus Kieseln gelegter leerer Steinkreis. Wir stellen uns vor, dass sich in diesem Kreis unsere Gebete, Mantren oder unsere schlichte Präsenz an einem Punkt treffen, für den es kein Wort und kein Symbol gibt. In unserer Regel heißt es: „Wir haben erfahren, dass Gemeinschaft möglich ist, weil es jenseits aller Verschiedenheiten und Reibungen eine tiefe Verbundenheit gibt. Sie ist uns geschenkt und geht hervor aus der Kraft, die die „Welt im Innersten zusammenhält“. Für diese Kraft haben wir unterschiedliche Begriffe und Bilder. Wir nennen sie Gott, das Eine, Leere, Leben, Wahrheit, Liebe oder das Unbenennbare. Wir haben erfahren, dass wir als Gemeinschaft aus dieser Kraft schöpfen können“. Den Zugang zu dem, was die „Welt im Innersten zusammenhält“ suchen wir zum einen in unserer persönlichen Glaubenspraxis und zum anderen in den gemeinsamen Ritualen und vor allem in unseren Beziehungen. Wenn es uns gelingt, in einem Konflikt nicht in das Rechthaben zu gehen, sondern uns gegenseitig in unserer Einzigartigkeit zu erkennen und zu würdigen, so halten wir das für eine wichtige spirituelle Übung, die letztlich allen Traditionen gemeinsam ist. Das gleiche gilt für die Vergebungen und die Versöhnung, ohne die unser Zusammenleben unerträglich würde. Universelle spirituelle Übungen sind aber auch die Dankbarkeit und Freude für das, was uns geschenkt ist oder der spontane Jubel.

Wir Friedenshöfler:innen möchten die Erfahrungen, die wir auf diesem Weg machen gerne weitergeben. Darum nehmen wir Gäste auf und bieten Achtsamkeitstage, Tanznachmittage, Kurse zu den Ideen der Arche und zu anderen Themen an. Mehr allgemeine und aktuelle Infos zum Friedenshof gibt es auf unserer Website: www.friedenshof.org. .

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