von Johannes Lähnemann
Liebe Freundinnen und Freunde des interreligiösen Dialogs, liebe Nürnbergerinnen und Nürnberger, die Sie hier versammelt sind!
„Kein Weltfriede ohne Religionsfriede!“ „Kein Religionsfriede ohne Dialog der Religionen!“ „Kein Friede und kein Dialog ohne interreligiöses Lernen!“
Es war beim 3. Nürnberger Forum 1988, als Professor Hans Küng diese grundlegenden Thesen aufstellte und begründete.
Was können wir vor Ort dazu beitragen, fragten wir uns. Im Advent des gleichen Jahres versammelten sich 17 Personen – jüdisch, christlich, muslimisch, buddhistisch, Baha’i – in unserem Wohnzimmer in der Viatisstraße. Wir gründeten die Nürnberger Gruppe der Religionen für den Frieden,
Was können wir gemeinsam tun, fragten wir uns? Drei Schritte stellten wir heraus: Begegnung – Verständigung – Kooperation. Es sind die Schritte eines umfassenden Dialogs, eines Dialogs vom Kopf bis zu den Füßen.
Das Erste ist: die Füße bewegen, Hingehen zu den Anderen, Beieinander Gast sein und Gastgeber sein, sich kennenlernen, Staunen über die Vielfalt der Glaubens- und Lebensformen.
Aber auch der Kopf gehört dazu: die Verständigung über das, was uns verbindet und was uns unterscheidet und wo wir uns miteinander, füreinander und für Andere einsetzen können.
Und in der Mitte ist unser Herz: sich öffnen füreinander, Weggefährten, ja Freundinnen und Freunde werden und dabei aus den Schätzen der Religionen Kraft schöpfen!
„Offene Türen“: nicht umsonst heißt unser interreligiöser Stadtführer so, in dem sich in 5. Auflage 55 Glaubensgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung selbst vorstellen.
Seit 1988 haben wir uns fast monatlich getroffen – viele 100 Mal -, bis uns die Corona-Pandemie gedämpft, aber nicht matt gelegt hat.
Und aus dem, was wir in diesem Feld gepflanzt haben, ist ein Baum geworden mit vielen Ästen: schon vor uns die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, das Begegnungszentrum Brücke, die Begegnungsstube Medina, die Arbeit der Akademien und der Universität, und dann besonders der Rat der Religionen. Jürgen Micksch, der Vorsitzende des Interkulturellen Rates Deutschland, hat einmal gesagt: Nürnberg ist ein Leuchtturm des interreligiösen Dialogs.
Wir freuen uns, dass wir vom Rat der Religionen heute mit eingeladen sind. Und wir freuen uns über die wunderbare Idee und Gestaltung für diesen Kubus von Scheich Süleyman Bahn.
Ich möchte uns ein Wort mitgeben, mit dem ich unser 1. Rundschreiben in diesem Jahr eröffnet habe, und das jeden und jede von uns herausfordert:
„Wie wunderbar ist es, dass niemand einen Moment warten muss, bevor er anfängt, die Welt zu verbessern“
Es ist eine Botschaft, die vordergründig absolut unrealistisch zu sein scheint. Aber diese Vision stammt von niemand anderem als von Anne Frank. Ein Wort, ausgesprochen in der ausweglosesten Situation, die man sich vorstellen kann. Es ist ein Gegenwort gegen allen Pessimismus, gegen ein Versinken im Negativen. Nehmen wir es ernst für ein Umlenken unserer Blicke auf die Möglichkeiten, Fähigkeiten und die Fantasie, die jedem und jeder von uns gegeben sind, getragen von der Hoffnung, die unseren Religionen über die Grenzen dessen hinaus, was möglich scheint, innewohnt!
(Hier veröffentlicht am 18.11.2022)